Beginn der Auswanderung.
Im Jahre 1989 begann in Iwanowka die Auswanderungsphase, wie sie in vielen anderen deutschsprachigen Siedlungen der ehemaligen Sowjetunion schon vor Jahren begonnen hat. Nach dem Johann Epp, der nach seiner Pensionierung wieder in Iwanowka lebte, anfangs März 1989 als Einzelperson ausgewandert war, wanderte am 26. März 1989 die erste Großfamilie aus Iwanowka nach Deutschland aus. Obwohl wir in diesem Frühlingsmonat schon seit Tagen schönes Wetter hatten, fiel in der Nacht vom 25. auf den 26. März so viel Schnee, wie schon lange nicht mehr gefallen war, alle Strassen waren zugeschneit, überall lagen Berge von Schnee. Es schien, als wenn die Natur eine Barriere dem Beginn der Auswanderung entgegensetzen wollte, aber am Morgen, den 26. März war die erste Familie weg. Das Wetter beruhigte sich noch am frühen Vormittag, nur die weißen Schneeberge lagen noch da, es herrschte ein belastendes Gefühl - ein bedrückender Tag - der Anfang vom Ende unseres gemeinsamen Lebens im geruhsamen Dorf Iwanowka. Danach dauerte es nicht lange, am 7. Mai desselben Jahres zog schon die zweite Familie hinterher.
Damals, am Anfang der Auswanderung, haben viele von uns gesagt: "Wir ziehen nicht nach Deutschland, wir bleiben hier". Trotzdem haben wir nach und nach unsere Auswanderungspapiere für den Fall, dass wir vielleicht doch noch irgendwann mal ausreisen wollen, vorsichtshalber vorbereitet und nach Deutschland abgeschickt. Wenn dann der Registrierschein vom Bundesverwaltungsamt im Zeitraum von ein bis zwei Jahren kam, ging es mit den weiteren Vorbereitungen zur Ausreise bei den meisten von uns ziemlich rasch voran.
In den folgenden zehn Jahren sind fast alle Altbewohner aus Iwanowka nach Deutschland ausgewandert. Aber die Familienzusammenführung, so wie man sich das vorgestellt hat, hat nie stattgefunden, wir sind über ganz Deutschland verstreut und sind, um uns wieder zu sehen, auf unsere Dorftreffen angewiesen.
W.P. 25. November 2015